Am Montagmorgen zieht es mich raus aus Jakarta. Daniels Kolleginnen im Stiftungsbüro sind sehr hilfsbereit und buchen mir per Telefon einen Platz im Cipaganti-Minibus nach Bandung. Pünktlich um halb zwölf fährt der Bus vom DeBrasco-Einkaufszentrum aus los. Meine Sitznachbarin begrüßt mich gleich auf Englisch: Lidya, 23, besucht ihre Familie in Bandung.
Wir kommen schnell ins Gespräch. Sie versucht sich als Jungdesignerin und bereitet eine kleine Modenschau vor, für die sie in den nächsten Tagen die Produktion in Bandung überprüfen muss. Bandung ist bekannt für seine Textilindustrie, wie ich später beim Stadtbummel noch sehen werde – ein Stoffgeschäft reiht sich ans nächste. Ich frage Lidya, welcher Religion sie angehört, denn sie trägt kein Kopftuch wie viele andere Frauen. Sie ist Protestantin und erzählt, dass ihre Glaubensgemeinschaft es in Indonesien – selbst in Städten wie Jakarta und Bandung – als Minderheit nicht immer leicht hat. Viele Moslems haben Vorurteile den Christen gegenüber, und oft steht sogar die Polizei Spalier, wenn ein Gottesdienst stattfindet. Lidya selbst kommt aus einer sehr offenen Familie: Ihre Mutter war Muslimin und ist für die Heirat mit Lidyas Vater zum Christentum konvertiert. In zwei Jahren will Lidya heiraten. Ihr Freund Salomo, ein Banker, ist 29 und ein Batak wie sie: Die Batak sind eine Volksgruppe auf Sumatra. Lidyas Vater stammt aus Sumatra, und obwohl sie in Jakarta heiraten möchte, werden sie nach Batak-Tradition feiern.
In Bandung angekommen, nehme ich ein Taxi zum Hostel „By Moritz“. Es ist ein billiges Zimmer mitten in der Stadt, für ca. 7 Euro pro Nacht bekomme ich ein Bett ohne Bettzeug, eine kalte Dusche im Klo und Frühstück. Vier junge Männer drängeln sich in der kleinen Lobby – überall in Indonesien gibt es bemerkenswert viele Angestellte auf einem Fleck, so dass man sich immer fragt, was genau sie eigentlich den ganzen Tag arbeiten. Zumal hier, wo ich offensichtlich derzeit der einzige Gast bin: „Keine Saison“, sagt einer der Rezeptionisten, „kaum Touristen in der Stadt“. Und dann spricht er deutsch mit mir: „Mein Chef kam aus München! Ich träume davon, hinzufahren.“ Sein Deutsch ist ausgezeichnet dafür, dass er noch nie in Deutschland war. Mit mir will er üben – das kann er haben. Ich lasse mich ein bisschen von ihm beraten und buche dann einen Ausflug mit Guide zum Vulkan Papandayan und zu den heißen Quellen von Cipanas. Morgen früh um acht geht es los, wir werden den ganzen Tag unterwegs sein und ich lasse mich auf eine weitere Nacht im Hostel ein, denn zum Schlafen reicht es.
Bandung selbst ist wohl eine typisch indonesische Stadt: Viel, viel Verkehr vor allem. Die Abgase setzen sich in der Nase und im Hals fest, wenn man sich schneuzt, kann man sie sehen… Ich beschließe, ein furchtloser Teilnehmer im Straßenverkehr zu werden und überquere einfach die Straße, wie es mir passt – anders geht es sowieso nicht. Und siehe da, die Indonesier finden auch ihre Bremsen bzw. zeigen, dass sie durchaus ausweichen können, wenn ein Hindernis auf der Straße steht oder geht. In der Jalan Braga besuche ich ein Backpacker-Café, bin aber fast die einzige dort. In den Straßen gibt es, wie auch in Jakarta, unzählige Essensstände mit Ayam goreng (gebratenem Hühnchen), Nasi (Reis) in allen Variationen und undefinierbaren kleinen Häppchen, an die ich mich allerdings nicht so richtig rantraue. Eine Spezialität hier in der Sunda-Region scheint gegrillter Goldfisch zu sein, wie ich dem Reiseführer entnehme. Tatsächlich transportieren einige Mopedfahrer die bunten Fische in Plastiktüten voller Wasser. Richtig viel dran ist ja nicht an so einem Goldfisch…Nach Einbruch der Dunkelheit laufe ich zurück zum Hostel. Morgen wird’s ein langer Tag in der Natur.