Category Archives: Allgemein

Great Barrier Reef – wo sich Hai und Schildkröte „Gute Nacht“ sagen

Zwei Tage und eine Nacht auf dem Segelboot „Coral Sea Dreaming“ – phasenweise hätte ich es auch in „Coral Sea Sickness“ umtaufen können, aber dank „Reisegold“, dieser kleinen weißen Tabletten, wurde es nicht allzu schlimm.

Und endlich wieder tauchen! Zweimal war ich je eine Dreiviertelstunde in ca. 18 Meter Tiefe, mitten im Great Barrier Reef, 40 Meilen weit draußen (das sind wohl ca. 70 Kilometer). Hallo Schildkröte, hallo Riffhaie, hallo viele bunte Fische und Korallen. Dafür zieht man sich doch gerne an wie ein Alien (die Sonnenbrille muss natürlich noch runter):

Los geht's, Haie erschrecken! Das ist ein Stinger Suit, der vor bösen Quallen schützt unter Wasser. Drüber dann die Taucherweste, die Flasche mit Luft, Flossen an die Füße, Maske ins Gesicht und rein in den Ozean!

Los geht's, Haie erschrecken! Das ist ein Stinger Suit, der vor bösen Quallen schützt unter Wasser. Drüber dann die Taucherweste, die Flasche mit Luft, Flossen an die Füße, Maske ins Gesicht und rein in den Ozean!

Samstagmorgen - raus aus Cairns, rein ins Reef.

Samstagmorgen – raus aus Cairns, rein ins Reef.

Into the blue. 40 nautic miles away from land

Into the blue. 40 nautic miles away from land
Captain Radar macht das Rettungsboot klar

Captain Radar macht das Rettungsboot klar

Hello Mister!

Wäre ich auf Bali auf alle Straßenangebote eingegangen („Hello Mister!“, wahlweise „Hello Darling!“), wäre ich erst ganzkörpertätowiert und dann zu Brei massiert worden („want a tattoo/massage/sunglasses/transport?“).

Antje und ich haben den Spieß mal umgedreht und zuerst gefragt „want a massage?“, darüber können sie sehr lachen, die lieben Balinesen. Also, ich habe jetzt auch schon nen Businessplan:

Begebt euch vertrauensvoll in meine Hände!

Begebt euch vertrauensvoll in meine Hände!

Bali ist die einzige hinduistische Insel Indonesiens, und deshalb wird mehrmals täglich den Göttern geopfert. Vor jedem Eingang, egal ob es ein Tempel, ein Supermarkt, eine Strandbude oder ein Hotel ist, findet man kleine Opferschälchen mit Blüten, Reis, Keksen, manchmal sogar Geldscheinen. Sie sollen die Götter zufrieden stimmen und die Dämonen besänftigen.

Worship in BaliOpfergaben auf Bali

Lombok paradise

Fünf paradiesische Tage habe ich in Lombok verbracht, im fantastischen Santai Beach Inn. Sooo schön. Und sooo nette Leute. Und sooo leckeres Essen.

Danke Ana, Pearl, Natalia, Alejandro – I had a great time!

Sunset in Mangsit, Lombok. Und da hinten ist Bali.

Sunset in Mangsit, Lombok. Und da hinten ist Bali.

Alejandro und Natalia aus Kolumbien - meine Lombok-Freunde.

Alejandro und Natalia aus Kolumbien - meine Lombok-Freunde.

Fangfrischer Fisch am Strand von Lombok. Welchen hätten's denn gern?

Fangfrischer Fisch am Strand von Lombok. Welchen hätten's denn gern?

Dinner im Santai. Sooo gut.

Dinner im Santai. Sooo gut.

Mein Haus. Meine Hängematte.

Mein Haus. Meine Hängematte.

Und das sehe ich, wenn ich von meiner Terrasse aus gen Westen schaue.

Und das sehe ich, wenn ich von meiner Terrasse aus gen Westen schaue.

Jeden Tag ein Überraschungsfrühstück. Dieses Mal: Kokosbrötchen mit frischer Ananas. Und Tee.

Jeden Tag ein Überraschungsfrühstück. Dieses Mal: Kokosbrötchen mit frischer Ananas. Und Tee.

Direkt vor meiner kleinen Hütte: Der Strand.

Direkt vor meiner kleinen Hütte: Der Strand.

Julia vs monkey. Tausche FlipFlops gegen Tollwut

So, jetzt ist mir endlich auch was touriklischeemäßig Doofes passiert. Wurde im Uluwatu-Tempel (sehr schön!) von einem bösen Affen gebissen. Er hat meine FlipFlops geklaut. Die FlipFlops waren neu. Und ich wollte sie gerne behalten, deshalb habe ich sie ihm nicht gleich gegeben. Merke: Das gefällt dem Affen gar nicht! Also hat er mich in den Zeh gebissen. Gerne hätte ich es ignoriert, hätte ich nicht von dieser Tollwut-Epidemie auf Bali vor zwei Jahren gelesen… und hätte es nicht doch ein bisschen geblutet… also hab ich meinen Tropenarzt in Freiburg angerufen. „Sofort zum Arzt! Sofort impfen lassen! Und zwar an fünf Terminen!“. Also gut… Tollwut ist leider in allen Fällen tödlich. Das muss ja nicht sein. Ich war also in einem kleinen Krankenhaus hier auf Bali. Kam mir ein bisschen vor wie bei Grey’s Anatomie, lauter junge, lächelnde Ärzte, die mich vermutlich ziemlich dämlich finden, denn: Wer lässt sich schon vom Affen beißen??? Morgen bekomme ich die zweite injection. Und dann muss ich mich in Australien wohl oder übel an den Impf-Schedule halten…

Meine Lebensretter

Meine Lebensretter

sieht nett aus, hat aber große Zähne!

sieht nett aus, hat aber große Zähne!

Ansonsten sind Antje und ich ziemlich beachmäßig unterwegs. Schlafen, essen, Strand, um Sonnenbrillen feilschen (meine wurde geklaut!), essen, trinken, sich massieren lassen (Antje!), aufs Meer starren (ich!), essen, trinken, schlafen. Also das sieht ungefähr so aus:

Ok, man kann sich ja auch mal einen infinite pool gönnen... in rainy Bali.

Ok, man kann sich ja auch mal einen infinite pool gönnen... in rainy Bali.

Man MUSS auch einmal einen Cocktail aus der Kokosnuss trinken. Schlürf... irgendwie war da kein Alkohol drin. Ok. Doch lieber wieder Bintang-Bier.

Man MUSS auch einmal einen Cocktail aus der Kokosnuss trinken. Schlürf... irgendwie war da kein Alkohol drin. Ok. Doch lieber wieder Bintang-Bier.

Julia’s little petshop

Do’s:

*Kleinen Geckos nachts beim Rufen zuhören (es klingt wie „geeeckooo…“)

*Giftgrüne Riesenheuschrecken an der Rezeption entdecken

*Fangfrische Fische direkt am Strand essen

*Durchsichtigen Krebsen beim schrägen Lauf ins Meer zugucken

Don’ts:

*Monsterkakerlaken im Bad finden

*Ameisen unter der Klobrille entdecken

*Maikäferartigen Käfern begegnen, die nicht gut fliegen können und einem deshalb völlig desorientiert gegen den Kopf rasen

31.10.2011: Beautiful Borobudur – oder: Auf der Flucht vor der Monsterkakerlake

Am Donnerstag holt mich ein Großraumtaxi in Bandung ab und bringt mich in einer ca. siebenstündigen Fahrt nach Pangandaran in Südzentraljava. An Bord treffe ich Christine aus München, die fünf Wochen durch Malaysia und Indonesien reist, sowie ein sehr junges, sehr verliebtes, auf der Rückbank knutschendes norwegisch-thailändisches Pärchen.

In Pangandaran wohne ich im „Komodo Islands Hotel“, einem Hostel, das mir die Bandung-Jungs empfohlen haben, weil wahrscheinlich irgendjemandes Schwippschwager dort arbeitet. Umin ist schon da, weil er mit dem public transport fahren musste: Das Großraumtaxi-Unternehmen hatte uns gesagt, für ihn sei kein Platz mehr, was definitiv nicht stimmte. Ich weiß nicht, ob sie aus Prinzip keine Einheimischen mitnehmen wollen oder ob es ein Irrtum war… Aber egal, jetzt sind wir am Meer! Im Bamboo Café treffen wir Sambas, einen 42jährigen Bekannten von Umin, der sich auch als Gelegenheitsguide verdingt. Umin hat ihn als Ojek-Fahrer für Christine gebucht, außerdem ist er aus dem Ort und kennt sich am besten aus.

Sambas und Umin in Pangandaran

Nachts werde ich vom Regen wach, es trommelt aufs Dach und auch am nächsten Morgen ist keine Besserung in Sicht. Wir wollten zum Green Canyon, das knicken wir. Christine und ich schauen uns den Strand an und sehen den Fischern zu, die mit vereinten Kräften ein großes Netz einholen. Sechs- bis siebenmal am Tag fahren sie mit dem Boot raus, werfen das Netz aus und holen es vom Strand aus wieder rein, erklärt uns einer von ihnen. Sie haben Rochen gefangen und die Kinder sind ganz aufgeregt.

Es fischt sich besser zusammen als allein!

Es fischt sich besser zusammen als allein!

Nachmittags hellt sich der Himmel auf. Wir fahren ins Green Valley, ein kleines Naturschutzgebiet mit Teakbäumen, Fluß und Felsgrotte. Danach stoppen wir am Batu Hiu Aussichtspunkt, von wo man einen guten Überblick über die Bucht hat. Auf dem Rückweg statten wir der Meeresschildkrötenaufzuchtstation einen Besuch ab. Junge Meeresschildkröten werden hier gehätschelt, bis sie groß genug sind, es mit dem Meer aufnehmen zu können. Seit einem Tsunami im Jahr 2006 hat sich ihr Bestand erheblich verringert in der Gegend, deshalb ist die Turtle Conservation eine gute Sache.

flüchtige Tierchen, diese Schildkrötenbabies.

flüchtige Tierchen, diese Schildkrötenbabies.

Der Tsunami 2006 hat Pangandaran kalt erwischt. 700 Menschen sind ums Leben gekommen. „Ich habe am Strand mit Freunden Fußball gespielt, als sich das Meer zurückgezogen hat“, erzählt uns Sambas. „Wir sind zurück auf die Promenade, haben aber schnell gesehen, dass wir besser wegrennen. Wir sind raus aus dem Ort, alle, die konnten, haben sich in ihre Autos oder auf ihre Mopeds gesetzt und sind ins Landesinnere gefahren. Ein Freund von mir ist auf die Palme neben dem Bamboo Café geklettert. Dann kam die Welle. Nach einer halben Stunde war alles vorbei, der halbe Ort war zerstört.“ Noch heute kann man einige Tsunami-Ruinen in Pangandaran sehen.

Beim Essen treffen wir zwei deutsche Jungs, Alex und Marcel, die dieses Jahr Abi gemacht haben und jetzt zwei Monate reisen. Sie wollten in Thailand anfangen, haben aber wegen der Überschwemmungen dort kurzfristig auf Indonesien umgebucht. Sie sind noch etwas verloren, waren zuerst auf Bali und finden bisher alles viel zu touristisch. Ich empfehle ihnen, mit Umin nach Bandung zu fahren und die Vulkantour mit ihm zu machen. Abends entscheiden sie sich dafür. So hat sich die Tour für Umin doppelt gelohnt, und drei Tage später mailt er mir, dass sie ganz happy waren: Sie konnten bei seiner Familie übernachten und von dort aus direkt zum Papandayan. Danach hat er mit ihnen die Schule in Garut besucht und sie durften dort mit den Kindern im Unterricht sitzen. So haben sie doch ein bisschen von „real Indonesia“ mitbekommen.

Christine und ich fahren mit dem Zug weiter nach Yogyakarta. Fünf Stunden Fahrt, und ununterbrochen gehen Essensverkäufer durch die Waggons, balancieren Gemüse auf dem Kopf oder haben kleine Bauchläden. Sie rufen „Nasi Nasi Nasi“ oder „Makan makan makan“, ein regelrechter Singsang, der mich langsam in den Schlaf hypnotisiert. In Yogya holt uns Jarwo, ein Rezeptionist aus dem Hotel Wisma Ananda, am Bahnhof ab. Sambas aus Pangandaran hat das für uns arrangiert. Jarwo hat ein Schild, auf dem groß „Julian Kristin“ steht, er ist wohl eher von einem Paar ausgegangen.

Es ist nicht weit zu dem kleinen Hotel, das ruhig in einer Seitenstraße ganz nah bei Taman Sari, den ehemaligen Harems- und Lustgärten und dem Sultanspalast, dem Kraton, liegt.

Wisma Ananda in Yogyakarta

Wisma Ananda in Yogyakarta

Am nächsten Tag fahren wir zusammen mit Margaretha, einer Indonesierin aus Jakarta auf Wochenendtrip, zum Borobudur. Dieser Tempel ist eines der größten buddhistischen Heiligtümer und stammt, wenn ich richtig liege, aus dem 8. Jahrhundert. Circa tausend Jahre lang war er in Vergessenheit geraten und völlig überwuchert, bis er im 19. Jahrhundert von den Engländern wiederentdeckt und nach und nach freigelegt wurde. Die Restaurierung ist noch immer nicht abgeschlossen; der Borobudur ist Unesco-Kulturerbe und steht unter besonderem Schutz.

Buddha meditiert

Buddha meditiert

Noch auf der Fahrt fängt es heftig an zu regnen, und wir erkunden die Tempelanlage mit Schirmen. Margaretha will eine Million Fotos mit uns schießen, so dass ich mich ab und an mal um die Ecke verdrücke, um wenigstens den Hauch einer meditativen Atmosphäre zu spüren… ist schon beeindruckend, die unzähligen Reliefs und die Genauigkeit, mit der dieses riesige Monument aus Stein erbaut wurde vor so langer Zeit. Im Wolkenmeer und kurz vor Sonnenuntergang herrscht eine mystische Stimmung hier.

Beautiful Borobudur

Beautiful Borobudur

ommmm.....

ommmm.....

Spätabends springe ich nochmal in den Pool und sitze auf der ruhigen Veranda. Schon leicht schläfrig, will ich mir irgendwann die Zähne putzen – und bin schlagartig wieder hellwach, den in meinem Waschbecken hat es sich eine Riesenkakerlake gemütlich gemacht. Igiiiiiit!!!! Bisher bin ich drum herum gekommen auf dieser Reise, aber irgendwann musste mir ja das erste dieser Ekelviecher begegnen. Wenn es was gibt, bei dem sich mir alle Haare sträuben, dann sind es Kakerlaken. Und dieses Exemplar ist ein Monster, bestimmt acht Zentimeter lang und mit langen Fühlern. Ich gehe wohl oder übel ungewaschen schlafen. Am nächsten Morgen ist sie unsichtbar – hoffentlich durch irgendeinen Abfluss verschwunden. Ich stopfe alles mit Klopapier zu in der Annahme, ihr damit den Zutritt zu meinem Bad zu verwehren…

31.10.: Schreibfaul in Yogya

Viel gäbe es zu erzählen über anderthalb Tage in Pangandaran Beach, Südzentraljava, mit Christine, Umin und Sambas. Aber die Hitze nagt an meinem Hirn.

Bilder sind auch schön:

Falls der nächste Tsunami kommt...

Falls der nächste Tsunami kommt...

Elfeinhalb Kilo - davon anderthalb Lonely Planet Australia!

Elfeinhalb Kilo - davon anderthalb Lonely Planet Australia!

Pangandaran Beach, nach dem Einholen der Netze

Pangandaran Beach, nach dem Einholen der Netze
Mama, ich will das essen. Brauche ich dafür schon Zähne?

Mama, ich will das essen. Brauche ich dafür schon Zähne?

Waiting for the rain to stop...

Waiting for the rain to stop...

Batu Hiu Crew - are we cool or what?!

Batu Hiu Crew - are we cool or what?!

26.10.2011: Bandung has spoken. Ein Besuch im Museum Konperensi Asia Afrika.

Beim Frühstück unterhalte ich mich mit Hendar, die ich schon vom Vorabend kenne. Sie managt das Hostel, ist aus Bandung und spricht sehr gut deutsch, weil sie Familie in Deutschland hat und schon öfters dort war. Für meine Begriffe sind die Indonesier echte Sprachtalente, wenn sie keine Unterrichtsmöglichkeit haben, lernen sie vom Zuhören, vom Musik hören, vom Plaudern mit Touristen.

Nach viel Tee beschließe ich, „jalan jalan“ zu machen, also einen Stadtbummel. Ich brauche eine Indonesien-Landkarte, da ich meine irgendwo verloren habe unterwegs. In der Jalan Braga finde ich einen schönen Buch- und Zeitschriftenladen, der auch Karten verkauft und werde schnell fündig. Danach statte ich dem Museum Konperensi Asia Afrika einen lohnenden Besuch ab: 1955 trafen sich in Bandung die führenden Politiker aus den 29 bereits unabhängigen asiatischen und afrikanischen Staaten, um ein gemeinsames Statement gegen den Kolonialismus zu formulieren und ein zukunftsträchtiges Bündnis der blockfreien Staaten einzugehen.

Museum Konperensi Asia Afrika, Bandung

Indonesien war Gastgeber und organisierte die Konferenz zusammen mit (wenn ich mich richtig erinnere) Indien, Sri Lanka, Pakistan und Thailand. Aus den anderen Ländern reisten Delegierte an und trafen sich in drei Ausschüssen: Politik, Wirtschaft und Kultur. Sie verfassten die Deklaration von Bandung und schrieben somit Geschichte in dieser Stadt, die heute wohl nur wenige im Westen kennen.

Gedung Merdeka, Haus der Freiheit. Das Museumsgebäude.

Gedung Merdeka, Haus der Freiheit. Das Museumsgebäude.

Das Museum wurde 1980 im Gebäude der Konferenz eröffnet und  2005 zum 50jährigen Jubiläum modernisiert. Gilang, ein junger Museumsführer, zeigt mir voller Begeisterung den Saal, die Originalmöbel und viele Bilder und erklärende Info-Tafeln. Ein Film mit Original-Fernsehaufnahmen von damals gibt einen guten Einblick in die Bedeutung der Konferenz. „Bandung has spoken“, sagt der damalige indonesische Präsident Sukarno, „möge der Geist von Bandung den ehemaligen Kolonialstaaten Frieden und Freiheit bringen“.

Nachbildung der Konferenz im Jahr 1955, Präsident Sukarno hält seine Rede.

Nachbildung der Konferenz im Jahr 1955, Präsident Sukarno hält seine Rede.

Außer mir ist noch eine Schulklasse im Museum unterwegs, ca. zwölfjährige Jungs und Mädchen konzentrieren sich eher auf mich als einzige Europäerin als auf die Tragweite der Geschichte. Bei Schulausflügen ist eben jede Abwechslung willkommen, das ist hier auch nicht anders als bei uns! Der Eintritt ins Museum ist übrigens frei, und Gilang nimmt noch nicht mal ein Trinkgeld: „Wir wollen, dass alle Besucher den Geist von Bandung kennenlernen, deshalb nehmen wir niemals Geld.“ Eine gute Sache.

in Indonesien trägt man noch Schuluniform.

in Indonesien trägt man noch Schuluniform.

Um drei Uhr nachmittags treffe ich Umin am Hostel und wir düsen mit seinem Ojek (und dieses Mal mit Helm) zu Saung Anklung Ujo, einer traditionellen Bambusmusik-Vorstellung im Norden von Bandung. Eine ziemlich touristenorientierte Performance mit Kindern, mit Tradition hat das ehrlich gesagt nicht mehr viel zu tun, nicht unbedingt empfehlenswert. Danach essen wir im Stadtteil Dago gebratenen Goldfisch („Ikan mas bakar“) mit Brokkoli und Reis. Ein sundanesisches Essen, ganz lecker. Der Goldfisch ist anders als die, die ich aus dem Aquarium kenne. Größer, und durchs Braten auch nicht mehr bunt, sondern schwarz.

Der Norden von Bandung ist übrigens ganz anders als der Teil, in dem ich wohne: Große Art-Deco-Häuser, bessere Hotels, weiläufigere Straßen. Wenn man komfortabler unterkommen will, ist man hier also besser aufgehoben.

Ich frage Umin, ob er am nächsten Tag mitkommen will nach Pangandaran – so habe ich einen ortskundigen Guide, der mir beim Organisieren der Reise hilft und er verdient noch ein bisschen mehr Geld. „I am your bodyguard“, meint er, aber da bin ich mir nicht so sicher. Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich. Außerdem brauche ich keinen Bodyguard! Bin doch groß und stark.

wer ist hier bitte wessen Bodyguard?

wer ist hier bitte wessen Bodyguard?

Vor dem „By Moritz“ lassen wir mit den anderen unterbeschäftigen Hostel-Jungs den Abend ausklingen – mit Arrak und fritiertem Kartoffelpüree mit Sambal, den man erst gegen Mitternacht an einem Straßenstand kaufen kann. Lecker. Bisher spielt auch mein Magen ganz gut mit; toi toi toi. Bandung has spoken. Morgen geht’s weiter.

25.10.2011: Mit einem Fuß im Vulkan. Julia auf dem Kawah Papandayan (und in Cipanas)

Nach Rührei auf Toast um halb acht machen Umin und ich uns auf gen Garut. Umin  arbeitet im Hostel und ist für heute mein Guide. Da ich außer einem älteren Franzosen, der auf den Spuren seiner Vergangenheit ist, momentan der einzige Tourist im Hostel bin, lohnt es sich nicht, ein Auto zu mieten – wir fahren mit dem „public transport“, also mit einem der unzähligen Minibusse. Zuerst zum Busbahnhof, dann weiter nach Garut.

DSC00926

Die Fahrt ist interessant, weil Umin ein netter Typ ist und ich ihn interviewen kann: Er sieht aus wie 20, ist aber 30. Er ist Sundanese, spricht also als erste Sprache Sundanesisch und hat Bahasa Indonesia, die Amtssprache, in der Schule gelernt. Sein Englisch ist sehr gut dafür, dass er es mehr oder weniger nur von Touristen kopiert hat.

Seine Familie lebt in der Nähe von Garut, aber seit einiger Zeit jobbt er im Hostel „By Moritz“, in dem ich nächtige. Er sieht es als Übergangsjob, aber es scheint nicht so leicht zu sein, einen „richtigen“ Job zu finden in Indonesien. Umin hat nicht studiert, dafür hatten die Eltern kein Geld. Er hat mehrere Halbgeschwister, da es für beide Eltern die zweite Ehe ist und jeder von ihnen Kinder mitgebracht hat. Umin ist der jüngste Sohn. Er ist Moslem, aber kein strenggläubiger. Ich frage ihn, ob er heute morgen, als der Muezzin gerufen hat (was ich so gegen vier Uhr im Halbschlaf gehört habe), gebetet hat. „I rather enjoy life“, hat er gesagt, „see you later, god“. Umin trinkt auch Arrak (Reisschnaps) und Bier, und er ist passionierter Raucher. Genau so die anderen Jungs im Hostel (es gibt dort nur männliche Angestellte). Von daher ist das mit dem Glauben auch hier wirklich Auslegungssache…

Von Garut fahren wir in ein Dorf, von wo aus es nur mit dem Ojek weitergeht – also per Moped. Eigentlich wollte ich nicht mehr Moped fahren in Indonesien, seit ich mich vor drei Jahren mal  am Auspuff verbrannt habe (Narbe noch heute zu besichtigen!). Aber ich möchte wirklich gern diesen Vulkan besteigen. Also fasse ich mir ein Herz und klettere hinter meinen Fahrer. „Hati-Hati“, Vorsicht, und schon geht es los. Die Fahrt macht total Spaß. Wir sind schon auf ca. 2000 m und die Luft ist frisch. Die Umgebung von Garut ist von Vulkanen umgeben, auf der Straße schlängeln wir uns an stolzen Hähnen, leicht orientierungslosen Entenküken und winkenden Schulkindern vorbei und mäandern durch so einige Schlaglöcher, aber mein Fahrer tut sein Bestes und fährt höchstens 40 km/h. Na ja, ohne Helm vielleicht auch besser so…für mich.

Mit dem Moped zum Vulkan Papandayan.

Mit dem Moped zum Vulkan Papandayan.

Gegen zwölf Uhr mittags sind wir an der Ausgangsstation zur Vulkanbesteigung. Der Papandayan ist ca. 2.600 m hoch und ich merke die Höhe in den Ohren. Als wir von den Ojeks steigen, geht ein kurzer Regenschauer nieder, aber nach wenigen Minuten können wir starten. Umin hat einige Zeit am Vulkan als Guide gearbeitet, er ist ein Local und kennt jeden Tritt. Zuletzt war er allerdings vor einem Monat hier, so dass auch er sich teilweise neu orientieren muss – der Papandayan ist nämlich aktiv. Das heißt, er spuckt Schwefel und kochendes Wasser, und die Oberfläche verändert sich ständig. Außerdem gibt es immer mal wieder Erdrutsche. Schon von Weitem sehen wir die Schwefeldämpfe, und als wir näher an die kleinen Krater kommen, verursacht der Rauch einen ziemlichen Hustenreiz und ein Stechen in den Augen.

Tanz den Papandayan!

Tanz den Papandayan!

Wir sind die einzigen Lebewesen weit und breit, laufen im Zickzack an den kleinen dampfenden Löchern und Hot Springs vorbei, machen Fotos und pausieren an einem Bach, der sich durch die letzte Eruption im Jahr 2002 gebildet hat. Damals wurden der gesamte Parkplatz, einige Hütten und Teile des Dorfes unter den Lava- und Gesteinsmassen begraben. Umin sagt, so verzweifelt wie damals sei die Stimmung im Dorf vorher nie gewesen. Der Vulkan ist unberechenbar. Direkt neben einem der neuen Krater stehend, kann man sich das gut vorstellen – es faucht und zischt, das austretende Wasser brodelt wie ein Whirlpool und der Schwefelgestank ist atem(be)raubend.

Bitte jetzt nicht ausbrechen, lieber Vulkan.

Bitte jetzt nicht ausbrechen, lieber Vulkan.

Meine Trekkingschuhe weihe ich angemessen ein, als ich einen Stein verfehle und im weichen Vulkanuntergrund versinke. Dieser Berg lebt, und er will mich verschlucken!

Vulkan-Beweise: Lava am Schuh

Vulkan-Beweise: Lava am Schuh

Am Nachmittag, nach einem „Kopi“ (Kaffee) auf dem Parkplatz, fahren wir per Ojek zu Umins Familie. Seine Eltern haben ein eigenes Haus und laden mich zum Mittagessen ein. Es gibt „Ayam goreng“, gebratenes Hühnchen, mit Reis und Jackfruit, mit Knoblauch gekocht – seeehr lecker! Wir essen auf einem Tuch auf dem Boden, denn in der Küche gibt es keinen Tisch. Zum Essen gibt es sehr guten Tee und danach Tomaten aus dem Ort. Außerdem Kekse, die ein bisschen aussehen wie unsere Weihnachtsplätzchen und auch so schmecken. Umins Mutter hat sie gebacken.

Im Wohnzimmer: Umin mit seiner Schwester und seinen Eltern.

Im Wohnzimmer: Umin mit seiner Schwester und seinen Eltern.

Nach dem Mittagessen nehmen wir wieder einen Minibus nach Cipanas, den Ort, der für seine heißen Quellen bekannt ist. Ein sehr entspannender Abschluss für diesen Ausflug: Wir baden in einem Thermalpool mit Blick auf die vulkanische Kulisse. Zwei Stunden später sind wir zurück in Bandung und sitzen mit den anderen Hostel-Guys bei Arrak und Mandarinen auf der Terrasse. „We are your holiday-doctors“, meint Assep, und dem kann ich nur zustimmen:  „Selamat mampus“ – frei übersetzt „Prost“. Assep spielt Gitarre, Sandy singt alles von Bob Marley bis Eric Clapton – ich bin in der Backpacker-Hölle angelangt! Und beschließe, tiefenentspannt wie ich bin, morgen noch einen Tag in Bandung zu bleiben, meine dreckige Vulkanwäsche waschen zu lassen, eine  Angklung-Musik-Performance anzuhören und übermorgen weiter nach Pangandaran zu fahren, einem Fischerort im Süden der Insel Java. Die Ameisen in meinem Zimmer sind mir derzeit eigentlich eher egal.