Beim Frühstück unterhalte ich mich mit Hendar, die ich schon vom Vorabend kenne. Sie managt das Hostel, ist aus Bandung und spricht sehr gut deutsch, weil sie Familie in Deutschland hat und schon öfters dort war. Für meine Begriffe sind die Indonesier echte Sprachtalente, wenn sie keine Unterrichtsmöglichkeit haben, lernen sie vom Zuhören, vom Musik hören, vom Plaudern mit Touristen.
Nach viel Tee beschließe ich, „jalan jalan“ zu machen, also einen Stadtbummel. Ich brauche eine Indonesien-Landkarte, da ich meine irgendwo verloren habe unterwegs. In der Jalan Braga finde ich einen schönen Buch- und Zeitschriftenladen, der auch Karten verkauft und werde schnell fündig. Danach statte ich dem Museum Konperensi Asia Afrika einen lohnenden Besuch ab: 1955 trafen sich in Bandung die führenden Politiker aus den 29 bereits unabhängigen asiatischen und afrikanischen Staaten, um ein gemeinsames Statement gegen den Kolonialismus zu formulieren und ein zukunftsträchtiges Bündnis der blockfreien Staaten einzugehen.
Indonesien war Gastgeber und organisierte die Konferenz zusammen mit (wenn ich mich richtig erinnere) Indien, Sri Lanka, Pakistan und Thailand. Aus den anderen Ländern reisten Delegierte an und trafen sich in drei Ausschüssen: Politik, Wirtschaft und Kultur. Sie verfassten die Deklaration von Bandung und schrieben somit Geschichte in dieser Stadt, die heute wohl nur wenige im Westen kennen.
Das Museum wurde 1980 im Gebäude der Konferenz eröffnet und 2005 zum 50jährigen Jubiläum modernisiert. Gilang, ein junger Museumsführer, zeigt mir voller Begeisterung den Saal, die Originalmöbel und viele Bilder und erklärende Info-Tafeln. Ein Film mit Original-Fernsehaufnahmen von damals gibt einen guten Einblick in die Bedeutung der Konferenz. „Bandung has spoken“, sagt der damalige indonesische Präsident Sukarno, „möge der Geist von Bandung den ehemaligen Kolonialstaaten Frieden und Freiheit bringen“.
Außer mir ist noch eine Schulklasse im Museum unterwegs, ca. zwölfjährige Jungs und Mädchen konzentrieren sich eher auf mich als einzige Europäerin als auf die Tragweite der Geschichte. Bei Schulausflügen ist eben jede Abwechslung willkommen, das ist hier auch nicht anders als bei uns! Der Eintritt ins Museum ist übrigens frei, und Gilang nimmt noch nicht mal ein Trinkgeld: „Wir wollen, dass alle Besucher den Geist von Bandung kennenlernen, deshalb nehmen wir niemals Geld.“ Eine gute Sache.
Um drei Uhr nachmittags treffe ich Umin am Hostel und wir düsen mit seinem Ojek (und dieses Mal mit Helm) zu Saung Anklung Ujo, einer traditionellen Bambusmusik-Vorstellung im Norden von Bandung. Eine ziemlich touristenorientierte Performance mit Kindern, mit Tradition hat das ehrlich gesagt nicht mehr viel zu tun, nicht unbedingt empfehlenswert. Danach essen wir im Stadtteil Dago gebratenen Goldfisch („Ikan mas bakar“) mit Brokkoli und Reis. Ein sundanesisches Essen, ganz lecker. Der Goldfisch ist anders als die, die ich aus dem Aquarium kenne. Größer, und durchs Braten auch nicht mehr bunt, sondern schwarz.
Der Norden von Bandung ist übrigens ganz anders als der Teil, in dem ich wohne: Große Art-Deco-Häuser, bessere Hotels, weiläufigere Straßen. Wenn man komfortabler unterkommen will, ist man hier also besser aufgehoben.
Ich frage Umin, ob er am nächsten Tag mitkommen will nach Pangandaran – so habe ich einen ortskundigen Guide, der mir beim Organisieren der Reise hilft und er verdient noch ein bisschen mehr Geld. „I am your bodyguard“, meint er, aber da bin ich mir nicht so sicher. Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich. Außerdem brauche ich keinen Bodyguard! Bin doch groß und stark.
Vor dem „By Moritz“ lassen wir mit den anderen unterbeschäftigen Hostel-Jungs den Abend ausklingen – mit Arrak und fritiertem Kartoffelpüree mit Sambal, den man erst gegen Mitternacht an einem Straßenstand kaufen kann. Lecker. Bisher spielt auch mein Magen ganz gut mit; toi toi toi. Bandung has spoken. Morgen geht’s weiter.