In Perth angekommen, gewinne ich durch die Zeitverschiebung glatte drei Stunden und steige ganz zentral im Royal Hotel ab, was sich pompös anhört, aber nicht pompös ist. Es ist eines der letzten Hinterbliebenen seiner Art – ein Raucherhotel. Und das riecht man auch. Dafür habe ich eine schöne Einzelmansarde unterm Dach, mit Kühlschrank und Wasserkocher im Zimmer, was will das Backpackerherz mehr. Das Badezimmer auf dem Flur ist mit einer Doppeltür verschlossen, was ein bisschen gruselig ist, wenn man drin ist. Zumal ich auf den langen, knarzenden Fluren wieder mal keinem anderen Gast begegne. Am Zimmer gegenüber hängt eine Notiz der Rezeption: „Bitte entfernen Sie Ihr ‚Bitte nicht stören‘-Schild an der Zimmertür, damit der Roomservice saubermachen kann. Wenn Sie das Schild bis morgen nicht entfernen, kommen wir ungefragt herein.“ Was ist los mit meinen Zimmernachbarn? Haben sie das Schild einfach vergessen? Oder sind sie vielleicht tot? Und skelettieren in ihrem Hotelbett vor sich hin? Fragen über Fragen.
Ansonsten gefällt mir Perth. Es ist eine überschaubare Großstadt, Hauptstadt von Westaustralien, mit Stränden am indischen Ozean und am Swan River gelegen, auf dem ich zwei Tage später mit der Fähre nach Fremantle fahre, wo Antje wohnt. Sie hat gerade Besuch von ihrer Mutter aus Deutschland. Noch ein Tag, dann ist Heilig Abend. Antjes dreijähriger Sohn Leighton wünscht sich einen Hund, allerdings keinen echten, sondern einen mit Batterie. Nach unserem Weihnachts-Dinner (mit leckerem Kartoffelsalat und Würstchen vom deutschen Metzger) im Garten – es ist heiß hier! – ist es dann so weit: Bescherung unterm Weihnachtsbaum. Leighton packt den „laughing dog“ aus und noch so manch anderes Geschenk, und wir sind alle vertieft ins Zusammensetzen von Spielzeugeinzelteilen. Antje schenkt mir eine torchlight-tour durchs Fremantle Prison, das in den 80ern geschlossen wurde und besichtigt werden kann. Am 25.12. feiern wir bei Antjes Schwiegereltern in ihrem schönen Haus in der Tuckfield Street, die ganze Familie ist da, also etwa 30 Leute. Jeder hat Essen mitgebracht und wir schwelgen im Buffet und im australischen Wein. Ein echtes Aussie-Christmas. Am 26.12. faulenzen wir am Cottesloe Beach und trinken „Little Creatures“-Bier in der Hausbrauerei in Fremantle.
Mittags ist es zu heiß zum Rausgehen. Die Hitze legt alles lahm. Erst wenn am Nachmittag der „Fremantle Doctor“ weht, die frische Brise vom Meer, kann man wieder aktiv werden. Am Donnerstag mache ich einen Ausflug nach Rottnest Island, irrtümlich von den Holländern als „Rattennest“ bezeichnet – dabei sind es keine Ratten, die dort leben, sondern kleine Beuteltiere, die Quokkas. Leider kriege ich keine zu Gesicht, dafür aber majestätisch auf dem Wasser treibende Pelikane und einen großen, schillernden Pfau.
Silvester verbringen wir in Mandurah, eine Stunde südlich von Fremantle. Ein kleiner Hafenort direkt am Meer mit vermutlich mehr Booten im Yachthafen als Einwohnern. Wir haben ein Häuschen gemietet und Leighton erlebt sein allererstes Feuerwerk, das er „hireworks“ nennt, weil er das „f“ noch nicht aussprechen kann. Happy New Year, everybody!
Am 2. Januar reise ich alleine weiter gen Süden, mit dem Trans-WA-Bus nach Bunbury.